Hinweis: Diesen Artikel habe ich 2015 geschrieben. Inzwischen sind wir an einem ganz anderen Punkt unseres Lebens, ich halte den Post aber für so wichtig, dass ich beschlossen habe, ihn dennoch neu zu veröffentlichen.
Auch in einem hoch entwickelten, reichen Land wie Deutschland kommt es immer noch vor, dass Menschen durch die stellenweise weiten Maschen des sozialen Netzes fallen. Sie sind betroffen von Altersarmut oder Insolvenz, von Langzeitarbeitslosigkeit, Krankheit oder sogar Obdachlosigkeit.
Ehrlich gesagt: Als der Mann mich letztes Jahr ganz gefasst anrief und mir erzählte, dass seine Firma rationalisieren werde und er sich einstellen solle, ab Herbst ohne Job zu sein, habe ich uns schon fast als Teil dieser Durch-das-Netz-Faller gesehen.
Als kinderloses Paar waren wir natürlich sicher nicht am schlimmsten dran oder am meisten gefährdet. Einige seiner Kollegen waren gerade erst Eltern geworden und standen plötzlich vor dem nichts.
Und natürlich haben wir zumindest ein wenig Ersparnisse, wir haben Familien, die uns niemals auf der Straße sitzen lassen würden.
Aber wir zwei mit noch weniger als den aktuellen 40% unseres ehemaligen kombinierten Vollzeitgehalts in einer 3-Zimmer-Wohnung in der teuersten Stadt des Landes, das hat mich doch ehrlich schockiert. Einige schlaflose Nächte später schaltete sich unser Überlebenstrieb ein.
Wie Du weißt, sind wir umgezogen in eine kleinere Wohnung, wir haben alles verkauft, was nicht niet- und nagelfest war, inklusive fast aller Bücher, CDs und DVDs, vieler Möbel, Kleidung und Markenartikel (Meine Fjällräven-Rucksäcke z.B.).
Inzwischen haben wir uns aufgerappelt. Mein Mann, der seinen Job nie verloren hätte und sogar mit höherem Stundenkontingent innerbetrieblich versetzt worden wäre, hat eine tolle neue Arbeit gefunden. Und ich habe meine Festanstellung gekündigt und arbeite auf meine Selbstständigkeit hin ;)
Trotzdem habe ich aus dieser Situation wertvolle Lektionen für’s Leben gelernt.
Warum Du nicht auf den Ausnahmezustand warten solltest um Deine Finanzen zu verändern
Ziel dieser Artikelreihe ist es auf gar keinen Fall, Dir Angst einzujagen! Ich möchte nicht, dass Du Panik bekommst, dass Du nachts nicht mehr schlafen kannst oder hektisch versuchst, Deine Schäfchen ins Trockene zu bringen. Denn das ist nicht nötig!
Das wäre in etwa so, als würdest Du ständig mit aufgespanntem Regenschirm durchs Leben laufen, weil es ja regnen könnte.
Was ich bewirken möchte, ist, dass Du Dir der Stellschrauben bewusst bist, mit denen Du Deine finanzielle Situation verändern kannst. Und zwar bevor Dich ein Ausnahmezustand trifft!
Mit Ausnahmezustand meine ich übrigens auch so etwas erfreuliches wie eine Schwangerschaft!
Mach Schluss mit der Ahnungslosigkeit
Ganz oft komme ich mit meinem Umfeld ins Gespräch über Geld. Und in einem sind die meisten sich einig: Sie habe nicht genug davon. Und die meisten wissen auch überhaupt nicht, wie sie einerseits aus ihrem vorhandenen Geld mehr herausholen und andererseits mehr Einkommen generieren können.
Das typische Gespräch zwischen einer Bekannten (B) und mir (M) sieht so aus:
B: „Ich würde auch gerne kündigen, aber ich hab keine Ersparnisse.“
M: „Könntest Du denn, sagen wir 100€ im Monat zur Seite legen?“
B: „Nein, mir bleibt nichts übrig.“
M: „Gibt’s keinen Bereich, in dem Du ein wenig kürzer treten könntest, um 100€ zu sparen?“
B: „Nein, leider nicht. Naja, okay, ich könnte weniger ausgehen mit Freunden/ Bücher kaufen/ shoppen gehen/ in den Urlaub fahren/ zu Starbucks gehen, aber das will ich nicht/ schränkt mich zu sehr ein/ liebe ich einfach zu sehr!“
Ich habe mir abgewöhnt, das frustrierend zu finden ;) Aber ein wenig wurmt es mich doch, denn es gibt IMMER eine Schraube, an der Du drehen kannst. Die Frage ist nur: Wie weit willst Du gehen?
4 Lektionen, die ich aus meiner „Katastrophe“ gelernt habe
Kommen wir also gleich zur ersten Lektion, die unser Ausnahmezustand für mich bereit gehalten hat:
1. Was ist Dir wichtig?
Nimm nur mal die Beispielunterhaltung von gerade eben. Im Budget meiner Muster-Bekannten gibt es wirklich viele Rädchen, an denen sie drehen kann.
Sie könnte sich den Starbucks-Kaffee sparen. Ein Caffe Latte tall kostet aktuell 3,15€. Geht sie nur an 50% der 250 Arbeitstage in den Laden und kauft sich einen Becher, blecht sie dafür insgesamt 393,75€ pro Jahr. Wenn sie an 75% der Tage einen Kaffee kauft, sind es schon 592, 20€.
Meine Buchkauf-Exzesse bewegten sich im 0,50-2€ pro Buch-Bereich, bei 9 Umzugskartons voller Bücher kannst Du Dir allerdings in etwa vorstellen, wie viel Kohle ich für Bücher herausgeworfen habe.
Ich meine damit ausdrücklich nicht, dass Du Dich um jedes bisschen Gönnung bringen sollst, die Dein Leben angenehmer macht. Mir geht es darum, dass Du regelmäßig in Dich hineinspürst und versuchst, herauszufinden, was für Dich wichtig ist.
Worauf legst Du wert? Was macht Dich glücklich? Was bringt Dich aus der Fassung? Würdest Du lieber 5x die Woche essen gehen, als ein Auto zu besitzen? Möchtest Du lieber eines Tages Deinen Job kündigen, der Dich vielleicht sogar krank macht, oder doch lieber jeden Tag Deinen Becher Kaffee? Möchtest Du Deinen Kindern mal „was bieten“ oder lieber viel Zeit für sie haben oder sogar beides?
In dieser Lektion steckt gleich noch eine weitere:
Deine Werte und Ziele können sich ändern! Sie sind flexibel und ständig im Fluss, so wie Du selbst eben auch! Wofür Du heute noch in ein brennendes Haus rennen würdest, kann Dir in 4 Monaten völlig unwichtig sein, weil sich Deine Prioritäten verschoben haben.
Das beste Beispiel, das mir hier immer einfällt, ist folgendes: Meine Schwester war völlig verwirrt, als ich anfing, meine Bücher zu verkaufen. Für sie war ich immer noch der Bücherwurm, der unbedingt eine eigenen Bibliothek besitzen wollte. Dass aber inzwischen der Wert Freiheit für mich viel mehr an Wert gewonnen hatte, als die Bücher, die ich eh nie gelesen hatte, wusste sie natürlich nicht.
Frage Dich: An welchen Werten hältst Du fest, obwohl sie nicht mehr wichtig für Dich sind? Welchen Hobbies gehst Du nach, die Dich langweilen? Bist Du immer noch so verrückt nach Deinen Büchern, nach Tennisstunden, nach dem Sammeln von Elchen wie früher? Wenn nein, lass es los!
2. Warum handelst Du wie Du handelst?
Welche finanziellen Entscheidungen triffst Du und wieso?
Ich will Dir auch hier ein Beispiel geben:
Eine meiner Freundinnen ist schwer krank und kann nur von Zuhause aus arbeiten. Sie ist Freelancerin und hat genau 1 Kunden. Ihr Einkommen ist nicht üppig und bis vor einiger Zeit hatte sie weit über 3500€ Kreditkartenschulden, die jeden Monat wuchsen. Obwohl sie wusste, dass sie vermutlich ihr ohnehin knappes Lebensmittelbudget noch weiter reduzieren werden müsse, konnte sie an keinem Spendenaufruf vorbeigehen, ohne nicht mindestens 10€ zu spenden. Jeder, der an ihrer Tür klingelte und um Geld bat, bekam auch etwas. Arme Tiere, krebskranke Kinder, der Verein zur Sanierung des Rathauses – alle wurden versorgt. Nur sie selbst kam an letzter Stelle.
Wenn ich eines gelernt habe in den letzten Monaten, dann dieses: Angst und Mitleid sind schlechte Ratgeber.
Überlege Dir also ganz genau, weshalb Du Deine Entscheidungen triffst. Stellst Du das Wohl anderer vor Dein eigenes? Zahlst Du für die Sturheit Deines Ehemannes oder Deiner Mutter? Reicht Dir jeden Monat das Geld nicht, weil Du an keinem niedlichen Hund vorbeigehen kannst?
Kannst Du beim Thema Geld einen gesunden Egoismus an den Tag legen? Deine eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Prioritäten setzen oder lässt Du Dich beraten von Mitleid oder Angst?
3. Ausgaben reduzieren bevor der Ausnahmefall eintritt
Machen wir ein Gedankenexperiment:
Stell Dir vor, Du erkrankst. An Depressionen, an Asthma, egal an was. Und Du bist für mindestens ein halbes Jahr komplett aus dem Verkehr gezogen. Nach 6 Wochen greift normalerweise Dein Krankengeld und plötzlich reduziert sich Dein Einkommen um 40%. Oder noch einen Schritt weiter, Dein Job soll rationalisiert werden oder, freudiger, Du wirst schwanger.
Welche Deiner Rechnungen würdest Du am liebsten heute loswerden oder reduzieren?
Durchforste Dein Konto (oder Dein Monatsbudget) nach diesen Posten! Das solltest Du überhaupt regelmäßig tun. Denn das sind die besten Stellschrauben, mit Hilfe derer Du Dein Budget anpassen kannst.
Eine meiner Rechnungen war mein MacBook, den ich – obwohl ich das Geld hatte – mit der tollen 0% Finanzierung, die Apple anbietet, gekauft habe. Zwar zahlte ich keine Zinsen, aber trotzdem wurde jeden Monat eine Rate von knapp 90€ fällig – 36 Monate lang! Im Nachhinein habe ich es verdammt bereut, die Summe nicht auf einmal beglichen zu haben. Für eine Zeit habe ich dann also Geld beiseite geschaufelt (vieles davon aus den Bücherverkäufen über Rebuy) und den Kredit in einem abgelöst.
So hatte ich zwar auf einen Schlag kaum noch Ersparnisse, dafür aber jeden Monat 100€ mehr zur Verfügung, die ich genutzt habe, wieder Geld anzuhäufen.
Rein rechnerisch macht das wenig Sinn, aber es ist ein Boost für Deine Psyche, glaub mir!
Im Weiteren Verlauf lösten wir unsere Mobilfunk-Verträge auf und schafften uns Prepaid-Karten an. Wenn das Geld knapp ist, lade ich einfach etwas weniger auf.
Ich stellte fest, dass meine Kreditkarte nur im ersten Jahr kostenlos war, das hatte ich übersehen. Im 2. wurden mir prompt 49€ Gebühr berechnet! Da ich mit der Bank sowieso länger unzufrieden war und ab April auch für mein Girokonto gezahlt hätte, habe ich mir ein neues Girokonto eröffnet. Das hat keine Kontoführungsgebühr und noch dazu eine kostenlose Kreditkarte, mit der ich ebenso kostenlos im In- und Ausland Geld abheben kann (von der DKB – ich liebe sie!).
Ganz sicher findest Du in Deinem Budget viele dieser Posten, die zwar im einzelnen eher Kleinvieh sind, zusammen aber – wie man so schön sagt – viel Mist machen!
4. Baue Vermögen auf
Diesen Punkt habe ich viel zu lange vernachlässigt.
Ehrlich, ich dachte immer, mein Ausnahmefonds wäre ganz ordentlich gefüllt. Bei näherem Hinsehen kommt er mir wie ein Tropfen auf dem heißen Stein vor.
Außerdem arbeitet dieses Geld nicht für mich! Es liegt da und verdient mickrige Zinsen (der Zinssatz wurde von 1,3% bei Abschluss meines Vertrages auf momentan 0,8% gesenkt *hmpf* danke auch!). Und jetzt ist es an der Zeit, dass es etwas für mich tut.
Die vierte und letzte Lektion ist: Fang frühzeitig an, einen Teil Deines Einkommens für Deinen Vermögensaufbau zu nutzen!
Wenn Dein Geld auf Deinem Konto eintrudelt, leg sofort einen Teil für Dich beiseite! Es können 50, 100 oder 200€ sein. Hauptsache ein bisschen was bleibt bei Dir.
Wenn Du noch kein Wissen über Vermögensaufbau hast, bilde Dich weiter, sieh Dir verschiedene YouTube-Videos an, leih Dir Bücher aus der Bibliothek aus, lies Blogs zum Thema Investieren (Achtung: schau genau hin, wer Dir hier welche Tipps gibt).
Ja, auch als Frau! Und ja, auch wenn Du Dich beim Wort Investieren am liebsten in einer Ecke verkriechen und Dir gleichzeitig Augen und Ohren zuhalten willst! Es ist Dein Job, Dich um Dein Geld zu kümmern. Nicht der Deines Mannes, Deines Papas oder Deines Bankberaters (Gott bewahre!). D-E-I-N Job. Verschaff Dir einen Überblick über Deine finanzielle Situation. Und fang an, Dir ein Vermögen aufzubauen.
Wir sind immer noch diejenigen, die am häufigsten von Altersarmut betroffen sind. Wir sind diejenigen, deren Männer sich scheiden lassen und die dastehen mit 2 Kindern vor dem Nichts. Wir sind die, die alleinerziehend sind. Wir sind die, die ihre Eltern pflegen. Wir sind die, deren Männer sterben und die nicht wissen, wie es auf dem gemeinsamen Konto aussieht, ob Vermögenswerte oder nur noch Schulden bestehen.
Du kannst es Dir nicht leisten, als Frau keine Ahnung vom Geld zu haben. Aber Du kannst es Dir locker leisten, (Dein Wissen über) Dein Geld zu vermehren!
Lies hier, wie Du Deinen Ausnahmefonds rasch mit den ersten 500, 1000 oder mehr Euro befüllst!
Nutz die Zeit um Deine Schrauben zu entdecken! Ich weiß, sie sind da!
- Foto Josefa nDiaz auf Unsplash
- Foto: Johnson Wang auf Unsplash
- Foto: STIL auf Unsplash