Letztes Jahr hat mein Mann mir das beste Geschenk überhaupt gemacht: einen Tag nach meinem Geburtstag haben wir unsere restlichen Schulden getilgt und sind seither komplett schuldenfrei.
Gute Schulden, schlechte Schulden?
Bevor ich mich intensiver mit dem Werk von Dave Ramsey beschäftigt habe, gab es für mich gute und schlechte Schulden. Die einen brachten Geld in die Tasche (positiver Cash Flow, Vermögenswerte), die anderen zogen es heraus (negativer Cash Flow, Verbindlichkeiten). Soweit, so gut. Wirtschaftlich, mathematisch und faktisch nachvollziehbar.
Das emotionale allerdings, das steht auf einem anderen Blatt. Schulden zu haben fühlte sich für mich an, als hätte ich auf der einen Seite eine riesige Grube und würde gleichzeitig versuchen, daneben einen Berg aufzuhäufen. Er wirkte zwar groß, verrechnete man die beiden miteinander, kam aber eine geradezu mickrige Summe heraus.
Inzwischen sehe ich das differenzierter, aber im letzten Jahr ging es mir genau so. Und ganz unter uns: Ich finde Schulden noch immer ätzend.
Die verschiedenen Facetten von Schulden
Schulden zu haben betrifft uns nicht nur finanziell. Oder sollte ich eher sagen: der Prozentsatz an Menschen, die völlig unberührt von der Tatsache sind, dass sie Schulden haben ist garantiert kleiner, als der, die es beschäftigt oder sogar belastet.
Dave Ramsey beschreibt den Moment, an dem alles zu viel wird als “sick and tired moment”, also den Augenblick an dem es Dir so arg gegen den Strich geht, immer wieder vor dieser blöden Grube zu stehen und egal, wie viel Du schippst, sie wird und wird nicht weniger tief.
Für viele Menschen mit Schulden gibt es diesen berühmten Tropfen, der das Benzinfass zum Explodieren bringt und der das Feuer in ihnen entfacht, das es ermöglicht, sich der Grube zu stellen – egal wie tief sie auch sein mag.
Wenn Du Dich einmal auf diesem Weg befindest, wirst Du Veränderungen an Dir wahrnehmen.
Fünf der vielleicht verblüffendsten Auswirkungen, die Schulden und vor allen Dingen die Schuldenfreiheit auf Dich haben können, will ich heute im zweiten Teil der Serie “Endlich schuldenfrei!” mit Dir teilen.
1. Du entdeckst Freiräume in Deinem Budget
Wenn Du anfängst, Deine Schulden außerhalb des normalen Tilgungsplans zurückzuzahlen (frag unbedingt nach bei Deinen Gläubigern, ob das möglich ist!), wirst Du unweigerlich an den Punkt gelangen, an dem daraus ein Spiel wird.
Wie viel kann ich diesen Monat abzahlen? Was kann ich noch verkaufen, um mehr Geld zur Tilgung zu haben? Den Esstisch? Das Bett? Die Katze?
Ich war völlig von den Socken, als ich diese ganzen Freiräume in unserem Budget entdeckt hab! Schon 20€ weniger Lebenshaltungskosten in der Woche sind 1040€ im Jahr?! Rechnet man sich ja sonst nie durch, sollte man aber.
Suchaktion: Wo tun sich in Deinem Budget Freiräume auf? Die Übung ist auch genial, wenn Du Geld zum Investieren brauchst…
2. Du merkst, wie schnell sich kleine Schritte zu etwas Großem summieren
Jeder lange Weg beginnt mit einem einzigen Schritt. Viele dieser Schritte und Du wirst schneller zu Deinem Ziel gelangen, als Du denkst.
Kontinuierlich an etwas zu arbeiten und sich mit etwas zu beschäftigen macht den Unterschied zwischen einem Laien und einem Experten – und das passiert schnell! Als wir anfangs 15, 20, 50€ mehr im Monat abgezahlt hätten, hätte ich es nie für möglich gehalten, dass wir ein gutes halbes Jahr die restlichen Schulden im vierstelligen Bereich auf einmal tilgen würden können!
Wegweiser: mach den ersten Schritt auf dem Weg zur Schuldenfreiheit. Erstell Deinen Plan, mal Dir einen Berg oder eine Grube, portioniere sie Dir und dann fang an, die Häppchen zu schlucken. So isst man schließlich auch einen Elefanten, nicht wahr? Immer schön einen Bissen nach dem anderen…
3. Du schläfst besser
Und überhaupt reflektiert sich Dein Weg in Deinem gesundheitlichen Zustand.
Bei mir war das, ich habe es schon einmal erzählt, die Tatsache, dass ich mit den Zähnen geknirscht habe. So richtig schlimm, ich hab mir jahrelang den Zahnschmelz abgehobelt. Dazu kamen massive Verspannungen vom Zukneifen meines Kiefers, es war echt unschön.
Seit wir schuldenfrei sind, schlafe ich nicht nur tiefer und erholsamer, sondern ich habe auch kein Problem mehr mit den Zähnen. Meine Beißschiene liegt ungenutzt im Regal, meine Verspannungen sind passé.
Gesundheitstrip: Gehe in Dich und überlege, ob Du physische oder psychische Auswirkungen Deiner Schulden bei Dir feststellen kannst. Was würde es bedeuten, wenn es diese plötzlich nicht mehr gäbe? Wie viel an Lebensqualität würdest Du gewinnen?
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: ich hätte davor niemals auch nur im Ansatz erahnen können, wie massiv mich die Schulden und Geldprobleme beeinträchtigt haben.
4. Du fängst an, in Lösungen zu denken
Nicht mehr länger in Problemen! Und schon allein dafür lohnt es sich so sehr! Wenn Du Schulden hast, ist es leicht, in der Opferrolle zu verharren.
Du kommst ja sowieso auf keinen grünen Zweig, diese Scheiß-Gläubiger, wollen auch noch die Kohle zurück, die Du Dir geliehen hast (auch wenn der Urlaub schon längst vorüber, Du Dich an den Möbeln schon längst abgesehen hast).
Bei mir war es auch durch meine Arbeit in der Therapie bedingt, dass ich anfing, das Glas halbvoll statt halbleer zu sehen. Und doch gab es mit Beginn meines Weges zur Schuldenfreiheit diesen Moment, in dem ich mich nicht mehr als Opfer meiner finanziellen Umstände oder der familiären Vorbelastung (Stichwort Geldmindset) gesehen habe.
Hier war ich und ich hatte das Steuer endlich selbst in der Hand! Wir schreiben hier Familiengeschichte und ändern das Narrativ. Ja, auch unsere Familie kann es zu etwas bringen. Ja, das Geld reicht plötzlich bis zum Ende des Monats und wir wissen sogar, wohin es gegangen, statt uns zu wundern, wohin es verschwunden ist.
Forschungsarbeit: Sei ehrlich zu Dir. Wo fühlst Du Dich dank Deiner finanziellen Situation als Opfer der Umstände? Wo kannst Du Verantwortung übernehmen, wo Lösungen finden, statt immer nur Probleme?
5. Große Stolpersteine wirken oft winzig klein
Okay, klingt wie ein Songtext von Reinhard Mey, stimmt aber wirklich! Während uns dieser Schuldenabgrund im Nacken saß, war mein größter Horror, dass die Waschmaschine den Geist aufgibt, mein Mann seinen Job verliert, wir umziehen müssen oder sonst irgendein Unglück passiert!
Seit wir schuldenfrei sind, sehe ich das gelassen. Wir haben einen Notfallfonds für den Fall, dass kurzfristig alle Stricke reißen. Wir haben ihn sogar gebraucht, tatsächlich für eine neue Waschmaschine.
Sollte sonst irgendetwas sein, haben wir eine weitere Geldsumme direkt verfügbar, unseren “Regentagefonds”, mit dem wir gut 3,5 Monate unsere grundlegenden Lebenshaltungskosten decken können. Wir bauen diese Summe gerade auch noch weiter auf, das Ziel sind etwa 6 Monate entspannt leben, auch wenn alle Einkommensquellen abreißen.
Erkundungstour: Welche Stolpersteine würdest Du gerne ein für alle mal loswerden? Welchen Ereignissen würdest Du gern mit einem Lächeln auf den Lippen begegnen, statt mit Angstschweiß auf der Stirn? Nutze sie als Motivation und als Antrieb.
Schuldenfrei zu werden war eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Es mag Menschen geben, die total entspannt damit umgehen, dass sie Verbindlichkeiten haben. Ich bin keiner davon (und ich vermute mal, wenn Du bis hierher gelesen hast, bist Du auch kein Mensch dieser Sorte).
Ich liebe dieses friedvolle Gefühl, das mich durchströmt, wenn ich unser Konto checke und durchwegs schwarze Zahlen sehe, mittelgroße Zahlen, größere Zahlen, als fast jemals zuvor.
Für mich ist es das schönste Geschenk auch an meinen Sohn, dem wir zwar aus vielerlei Gründen nicht jeden Wunsch von den Augen ablesen, aber der in uns gute Vorbilder hat, der finanziell ein komplett anderes Fundament erfahren wird, als ich das getan habe.
Ich lade Dich ein, fang an zu träumen. Was würde Schuldenfreiheit für Dich bedeuten? Von was willst Du in Deinem Leben mehr und von was weniger? Bist Du bereit, für einige Zeit so zu leben, wie kein anderer das tun will, um dann später zu ernten, was Du gesät hast?
Wenn Deine Antwort ein klares Ja ist, dann gibt es für Dich nur noch eine Richtung. Nach vorne auf dem Weg zur Schuldenfreiheit!
Endlich schuldenfrei: 7 Fehler, die Du beim Zurückzahlen Deiner Schulden machst (und wie Du sie vermeidest)
Foto: Gabrielle Henderson auf Unsplash